Return To Forever Termine und Tickets

Es gibt Musikstücke, die dauern fast so lange wie die Tagesschau und enden dennoch eigentlich zu früh. Wir reden hier nicht von der Klassik, die ja in herrlicher Jungfräulichkeit entstand, weil sie noch keine Radioformate kannte. Das elaborierte Langformat hat allen Widrigkeiten zum Trotze Gott sei Dank überlebt, man muss sich nur aus dem Reich des Mainstream, der E-Medien- Tauglichkeiten, der Twitter-Mentalitäten und der Ungeduld verabschieden. Belohnt wird dieser Schritt mit Musik, die weit mehr als nur Unikat, die vielmehr vertonte Passion, wenn nicht gar Besessenheit ist. Auf einer solchen Expedition in die Prärien und weißen Flecken auf der Landkarte des Jazz dürfen demnächst wieder fünf keineswegs zu Ikonen erstarrte, sondern dauerhaft kreativ und innovativ gebliebene Meister des Genres im Konzert bewundert werden.
Armando Anthony ›Chick‹ Corea, Stanley Clarke, Jean-Luc Ponty, Lenny White und Frank Gambale gemeinsam auf einer Bühne, das wäre früher eine ›Supergroup‹ genannt worden, doch leider ist der Begriff etwas aus der Mode geraten. Das gilt ein wenig zwar auch für Coreas Formation Return To Forever, die der Amerikaner 1971 mit Clarke, dem Saxophonisten Joe Farrell, dem Schlagzeuger Airto Moreira und dessen Gattin Flora Purim gründete und damit einen wesentlichen Grundstein bei der Entstehung des Jazzrock legte. In loser Folge aber nahm Corea mit Return To Forever wieder und wieder viel beachtete Alben auf und mehrte seinen Ruhm so weit über die Gründerzeiten hinaus.
Das einstige Wagnis einer Vermählung des Jazz mit Rock, Funk, Soul und Latin löst zwar längst keine grundsätzlichen Widerstände mehr aus, stemmt sich jedoch gängigen Hörgewohnheiten immer noch entgegen. Worin sich Corea auch jetzt nicht beirren lassen möchte: »Auf unserer Tour 2008 spielten wir etwa von unserem Album ›Hymn Of The Seventh Galaxy‹ nur den Titeltrack. Jetzt, mit unserer neuen Version der Band, wollen wir ein paar mehr der alten Tracks besuchen. Ich habe schon etliche Ideen im Kopf, wie die sich neu arrangieren ließen. Allein schon Jean-Luc dürfte etlichen von ihnen einen ziemlich neuen Sound verpassen.«
Seltsam genug, dass man den 69jährigen Corea inzwischen einem Publikum unter 40 doch tatsächlich erklären muss. Mit Cab Calloway und Mongo Santamaria begann er seine unvergleichliche Karriere, bevor er Nachfolger Herbie Hancocks in der Band von Miles Davis wurde. Dessen Keyboarder war Corea auch beim Album ›Bitches Brew‹, was übersetzt in die nächsten Dekaden ungefähr dieses hier bedeutet hätte: Man war der Soundmann von ›Sgt. Pepper's‹, der Sänger bei Nirvanas ›Nevermind‹, der Produzent von Madonnas ›Ray Of Light‹ oder der Couturier von Lady Gagas Bühnen-Outfits. Nur eben ein gutes Stück besser, künstlerischer, ambitionierter und niemals nur dem Kommerz verpflichtet.
Seiner Band ›Return To Forever‹, die über nun fast 40 Jahre Koryphäen wie Al di Meola, Gerry Brown, Bill Connors, Jim Pugh und vielen anderen eine Heimat bot, hat Corea ihren ungestümen Vorwärtsdrang bewahrt. Dem gelackten Sound des Fusion Jazz, der nach 1980 zwar die Charts bevölkerte, aber ein ganzes Genre guten Grundes in Verruf brachte, hat Corea nie gefrönt. Bis dato versteht sich der Bandleader als Sachwalter einer Musik, die ihre endlosen Möglichkeiten als Chance begreift und sich ihrer kommerziellen Vereinnahmung standhaft in den Weg stellt. Chick Corea setzt mit seiner Band bis heute in Klänge, Tonkonserven und Live-Erlebnisse um, wofür einst eine ganze Armada ambitionierter Musiker angetreten war: Er spielt auf zur Reise in die Ewigkeit. Und erst jetzt, fast vier Jahrzehnte nach der Gründung, trifft der Bandname tatsächlich den Nerv der Zeit. Erst jetzt nämlich ist diese wunderbare Reise eine wirkliche Rückkehr. Ohne jeden nostalgischen Tand, versteht sich.